Wo finden sich die „kleinen Leute“? Zwischenbericht zu einer schwierigen Suche


Seit über 200 Jahren ist der „kleine Mann“ eine immer wieder beschworene Sozialfigur, ohne dass er soziologisch präzise bestimmt werden könnte. Eine von Abstiegsängsten geprägte Doppelrolle macht seine Bedeutung im Politischen aus. Denn „der Mann/die Frau auf der Straße“ bildet einen wesentlichen Teil des Souveräns. In „gebildeten“ Kreisen stellen die „kleinen Leute“ oft Antifiguren zur eigenen Bedeutsamkeit dar und sind durch beschränkten Ehrgeiz, Unauffälligkeit und Traditionsverhaftung definiert. Als vermeintlich „sprachloser“ Teils der Gesellschaft sind sie in politischen Reden und Feuilletons zugleich dauerhaft präsent. Das Projekt spürt den Konjunkturen der Rede von den „kleinen Leuten“ aus der selbstkritischen Warte eines Historikers nach. Es vergleicht nationale Ausprägungen und kulturelle Repräsentationsformen und fragt, ob ein „Nachruf“ überhaupt angesagt ist.