Barbara Stollberg-Rilinger in München mit dem Preis des Historischen Kollegs 2013 ausgezeichnet
- Historisches Kolleg
- 08.11.2013
Die Münsteraner Frühneuzeitlerin Barbara Stollberg Rilinger erhielt den mit 30.000 Euro dotierten „Preis des Historischen Kollegs“ vornehmlich für ihr Buch „Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches“ (Verlag C.H.Beck: München 2008, 439 S.). Mit dem zum elften Mal seit 1983 verliehenen Preis wird erstmals eine Frau ausgezeichnet.
Bereits zum zweiten Mal stellte die Dotierung die Alfred und Cläre Pott-Stiftung zur Verfügung, deren Vorsitzender Klaus Liesen ist. Sie ist benannt nach dem Gründungsvorstand der Ruhrgas AG, Dr. Alfred Pott (1882–1951) und seiner Ehefrau Cläre.
Der Kuratoriumsvorsitzende des Historischen Kollegs, Andreas Wirsching, lobte in seiner Begrüßung im vollbesetzten Plenarsaal der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in der Münchner Residenz die Preisträgerin unter anderem mit den Worten: „Mehr als jeder oder jede andere haben Sie dazu beigetragen, das Symbolische in scheinbar vordergründigen Handlungen zu verstehen, und haben damit die kulturelle Grundierung gerade auch politischer Organisation und Kommunikation offengelegt. Der von Ihnen, wenn nicht erfundene, so doch zumindest stark geprägte und reflektierte Begriff der ‚Kulturgeschichte des Politischen‘ hat auch dazu beigetragen, manch überkommenen und zunehmend sinnlosen methodischen Graben in der Geschichtswissenschaft aufzuschütten“.
In seiner Laudatio zeichnete Gerrit Walther (Wuppertal), Präsident der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die Genese ihrer wissenschaftlichen Thesen nach, die sie insbesondere im Rahmen des Münsteraner Sonderforschungsbereichs (SFB) „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“ weiterentwickelt hat. In ihrem Buch „Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches“, das bereits ins Französische übersetzt ist – die englische Übersetzung ist in Arbeit – so Walther, „kulminieren Barbara Stollberg-Rilingers bisherige Forschungen im Dienste der These, dass ‚Verfassung‘ und rituelle Symbolik nicht zu trennen seien: dass ein wesentliches Moment der (eben nicht vorhandenen) ‚Verfassung‘ des Reiches in höchst variablen, eigendynamischen, selbst entscheidend wirkenden symbolisch-rituellen Verfahren bestanden habe: dass das neuzeitliche Reich durch die Etablierung solcher Verfahren überhaupt erst begründet worden sei (dass Rituale also etwas Modernes seien) und dass sein Ende durch die Aushöhlung und den Verfall dieser Rituale angekündigt und begleitet worden sei“.
Staatssekretär Bernd Sibler, im Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst zuständig für den Bereich Wissenschaft und Kunst, unterstrich die Bedeutung des Historischen Kollegs als einzigartiger Einrichtung der Geschichtswissenschaft in Deutschland, das seit 33 Jahren mit seinen Stipendien den Besten des Faches zeitlich befristete Freiräume verschaffe: „Ohne Freiräume, wie sie das Historische Kolleg bietet, können Bücher wie das der diesjährigen Preisträgerin kaum geschrieben werden. Ohne diese Bücher fehlen uns jedoch zentrale Punkte, um uns in der Gegenwart zurecht zu finden“.
Ihren Festvortrag widmete Barbara Stollberg-Rilinger dem Thema „Von der Schwierigkeit des Entscheidens“.

